Arzt sitzt am Computer in Praxis im Labor

Elektronische Patientenakte: Das soll sie bringen

Veröffentlicht am 17.04.2019

Wann war noch mal die letzte Röntgenaufnahme? Wie lautet die genaue Diagnose, die der Arzt gestellt hat? Für Patienten ist es oft sinnvoll, auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen zu können. Entweder um Informationen nachzuschlagen oder um Untersuchungsergebnisse aufwandsarm anderen Ärzten zukommen lassen zu können. Das wäre mit einer elektronischen Patientenakte (ePA) leicht machbar. Krankenkassen werden nun verpflichtet, ihren Versicherten eine solche Akte anzubieten.

Auch mit Mobilgeräten auf Gesundheitsdaten zugreifen

Bis spätestens zum Jahr 2021 müssen Krankenkassen ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte anbieten. Das betrifft rund 73 Millionen gesetzlich Versicherte in Deutschland. Jeder Versicherte darf selbst entscheiden, ob er eine ePA nutzen möchte. Die Hoheit über die Daten liegt vollständig beim Versicherten. Er allein entscheidet darüber, wem er welche medizinischen Dokumente zur Verfügung stellt oder welche gelöscht werden. Wer möchte, soll – ohne Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte – mit Smartphone oder Tablet auf medizinische Daten zugreifen können. So hat es der Bundestag im März entschieden, als die Abgeordneten das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verabschiedet haben. Es soll Anfang Mai in Kraft treten.

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung könnten folgende Informationen über einen Patienten in der ePA gespeichert werden:

  • Befunde
  • Diagnosen
  • Therapiemaßnahmen
  • Behandlungsberichte
  • Impfungen

Mehr Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung

Eines der Ziele des TSVG ist es, dass auch Patienten die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen besser nutzen können. Dazu zählt beispielsweise der „Gelbe Schein“, also die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Sie soll ab dem Jahr 2021 von den behandelnden Ärzten an die Krankenkassen nur noch digital übermittelt werden. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ersetzt dann die bisherigen Varianten auf Papier. Künftig muss dann nicht mehr der Erkrankte die Bescheinigung an seine Krankenkasse senden, sondern die ausstellende Einrichtung, in der Regel also der Arzt. Laut TSVG sollen die Bürger allein dadurch – ausgehend von der jährlichen Fallzahl an Arbeitsunfähigkeiten – um mindestens 43 Millionen Euro entlastet werden.

Auch Apps können helfen, den Patientenalltag zu organisieren. Deshalb wird es Krankenkassen künftig erlaubt, in den strukturierten Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke digitale Anwendungen zu nutzen.

"Unser Gesundheitssystem braucht ein Update."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn*

„Unser Gesundheitssystem braucht ein Update“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Zuge der Verabschiedung des Gesetzes, „Patienten verlangen zu Recht, dass wir ihnen mit digitalen Lösungen den Alltag erleichtern.“ Der Minister betonte, in einem lebenswichtigen Bereich wie der Gesundheitsversorgung müsse der Staat funktionieren. Dort besser zu werden, sei Ziel des Gesetzes. Es soll dazu beitragen, die Patientenversorgung qualitativ zu verbessern und wirtschaftlicher zu machen. Dafür soll die Kommunikation zwischen Ärzten, Krankenkassen und Patienten durch vernetzte digitale Dienste ausgebaut werden. Beispielsweise sollen Befunde, Diagnosen, Therapieempfehlungen, Behandlungsberichte und Unterlagen in Genehmigungsverfahren elektronisch übermittelt werden.

Interoperabel und sektorenübergreifend

Damit all das funktioniert, muss die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik) die erforderlichen Voraussetzungen dafür schaffen. Mitte Dezember 2018 hat sie die entsprechende Spezifikation für eine elektronische Patientenakte veröffentlicht. Die gematik will sicherstellen, dass alle damit verbundenen zugelassenen Komponenten und Dienste interoperabel sind. Dafür braucht es vor allem internationale Standards, die in der Spezifikation bisher nur unzureichend vorgesehen sind. Aktuell ist die Spezifikationen daher laut Kritikern noch nicht forschungskompatibel im Sinne der Hightech-Strategie der Bundesregierung. Hier könnte es für eine Verbesserung sinnvoll sein, öffentlichen Forschungseinrichtungen einen Zugang zur Telematikinfrastruktur zu gewähren. Die notwendige Sicherheit könnte durch Einbindung eines Datentreuhänders sichergestellt werden.

Einige Krankenkassen haben bereits Ideen für elektronische Patientenakten vorgelegt, so die AOK und die TK. Sie setzen auf unterschiedliche Geschäftsmodelle und technische Ansätze. Kritiker, wie der IT-Sicherheitsexperte Martin Tschirsich, zweifeln an der Sicherheit dieser bisherigen Modelle. Die Krankenkassen wiederum halten den Zeitdruck für kontraproduktiv und befürchten ein „Desaster wie bei der elektronischen Gesundheitskarte“. Mit der gesetzlichen Verpflichtung, dass die Krankenkassen den Versicherten eine von der gematik zugelassene Patientenakte anbieten müssen, will das Bundesgesundheitsministerium nun dafür sorgen, dass alle Patientenakten sektorenübergreifend bei allen Leistungserbringern und Kassen nutzbar sein werden. Betrieben wird die ePA über die bundesweit etablierte, sektorenübergreifende und sichere Telematikinfrastruktur.

Versicherte besitzen Datenhoheit

Ausdrücklich betont das TSVG, dass die Krankenkassen Patientendaten nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Versicherten elektronisch an Dritte weitergeben dürfen. Der Versicherte muss diese Datenempfänger vorher benannt haben. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Daten nicht ohne ausdrückliche Einwilligung des Versicherten von Dritten eingesehen werden können.

 

*Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

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